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Simpozij OBDOBJA 37 Diese verlegt den Arbeitsplatz des »Autor[s]« in ein »Café«. Warum aber trägt der Kurztext den Titel »Poliklinik« bzw. präsentiert er uns den Schreibenden als Chirurg? Ist das »nur« eine surreale Verfremdung, eine traumähnliche Sequenz? Oder verbergen sich in diesem seltsamen Setting, das Schreibszene und Operation ineinander montiert oder blendet, noch mehr Hinweise auf den Arbeitsplatz im Café? Schauen wir genauer hin. Der Titel: Benjamins Einbahnstraße verzeichnet wiederholt Orte in dieser Straße bzw. gruppiert die Prosaminiaturen um Titel, die Orte / Gebäude in der Einbahnstraße bezeichnen könnten: Tankstelle, Frühstücksstube, Fundbüro, Coiffeur, Stehbierhalle usw.9 Da fügt sich die Poliklinik gut ein. Doch was ist eigentlich eine Poliklinik? Die erste Poliklinik Europas wurde 1872 in Wien gegründet. Getreu den Statuten des Vereins, auf den diese Gründung zurückgeht, verplfichtet sich die Wiener Poliklinik u.a. »zur unentgeltlichen ambulatorischen ärztlichen Behandlung unbemittelter Kranke[r] und zur Erteilung von Unterricht in der praktischen Heilkunde.« (Skrzeczka und Schönfeld 1894: 470). In diesem Sinne ist die Poliklinik nicht nur ein Ort der Lehre, sondern auch einer der Demokratisierung der Medizin, wenn sie die kostenlose Behandlung »[U]nbemittelter« zum Programm macht. Der Text: Dieser verlegt zunächst den Arbeitsplatz des Schriftstellers in den öffent- lichen Raum des Cafés: Die »Menge der Gäste macht« sein »Publikum.« (Benjamin 1991a: 131). So distanziert sich die Schreibszene vom Kultwert der Schrift, d.h. der Autor horcht nicht still und einsam in sich hinein, wartet auf den besonderen Ein fall, den er dann in gewählten Worten zu Papier bringt: »Schöpfertum und Genialität, Ewigkeitswert und Geheimnis« (Benjamin 1991c: 473) stehen nicht auf der Agenda seiner literarischen Arbeit. An Stelle dessen setzt sich der Schriftsteller dem »Stimmengewirr« aus. Dort beobachtet er den Gedanken nichtsdestoweniger sorgfältig. Doch statt ihn schöpferisch aufzubauschen, narkotisiert er ihn bzw. setzt ihn »unter Chloroform« (Benjamin 1991a: 131; folgende Zitate ebd.). Zudem schneidet der Schriftsteller den Gedanken mithilfe seines Bestecks – »Füllfederhalter, Bleistift und Pfeife« – sowie des Mediums Schrift präzise zu, d.h. er buchstabiert ihn aus. Dabei verfährt er jedoch nicht gemäß einer inneren Notwendigkeit, die ihm den Weg immer schon weist und bahnt, sondern technisch versiert: Er verlagert »Akzente«, brennt »Wucherungen« aus, baut als »silberne Rippe« ein Fremdwort ein. Auf diese Weise fügt sich die Rippe zwar als Ornament in das Ganze, stellt aber innerhalb der Konstruktion auch einen Fremdkörper dar. Zum Schluss näht der Schriftsteller- Operateur alles mithilfe der Interpunktion zusammen. Die Narben also werden sichtbar bleiben. In diesen Hinsichten gibt sich der Text nicht als Resultat eines genialen Einfalls sowie als ästhetisch zugleich makellose und homogene Komposition aus, welche den Schaffensprozess möglichst zu kaschieren trachtet. Vielmehr weist der Text die Spuren seiner operativen Herstellung aus, er verschweigt die Montage aus diversen 9 Ernst Bloch nennt dies ein »Nebeneinander von Häusern und Geschäften, worin Einfälle ausliegen« (zit. nach Fürnkäs 1988: 117; vgl. weiterhin ebd.: 242f.). 199